Deutschland gilt als Land der Mülltrennung – und tatsächlich hat sich in den vergangenen Jahrzehnten vieles getan. Das geht aus einer Analyse von Umweltbundesamt und Umweltministerium hervor, die am Dienstag vorgestellt wurde. Demnach ist die Menge des Abfalls in Restmülltonnen in den zurückliegenden Jahrzehnten um fast die Hälfte zurückgegangen. Im Jahr 2018 fielen 128 Kilogramm Restmüll pro Einwohner*in und Jahr an. Das sind 46 Prozent weniger als im Jahr 1985. Damals hatte eine Untersuchung eine durchschnittliche Restmüllmenge von 239 Kilogramm ermittelt.
Ziel bleibt Kreislaufwirtschaft
Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth spricht von einer „Erfolgsgeschichte“. Die Deutschen hätten über Jahrzehnte die Mülltrennung erlernt. Zufrieden ist er trotzdem nicht: „Unser Ziel ist eine echte Kreislaufwirtschaft, in der kaum noch Restmüll anfällt und Rohstoffe wiederverwendet werden.“
Davon ist Deutschland noch weit entfernt. Die Analyse zeigt, dass bei der Mülltrennung weiterhin viel Luft nach oben ist. Nur 32 Prozent dessen, was in den schwarzen Tonnen landet, gehört dort auch tatsächlich hinein. Vor allem Bioabfälle werden noch viel zu oft im Restmüll entsorgt, obwohl das seit 2015 verboten ist und sogar mit hohen Bußgeldern geahndet werden kann. 39 Prozent des Inhaltes der Restmülltonnen besteht aus Bioabfällen.
Auch sogenannte trockene Wertstoffe – wie Altpapier, Glas, Kunststoffe oder Textilien – finden vielfach den Weg in die Restmülltonne. Sie machen 27 Prozent des Inhaltes aus. Und sogar problematische Gegenstände wie Altbatterien, Akkus und Energiesparlampen wurden in mehr als 60 Prozent der Abfallstichproben gefunden (0,5 Prozent der Gesamtmenge). Tatsächlich für den Restmüll gedacht sind unter anderem Windeln und weitere Hygieneprodukte, Staubsaugerbeutel oder sogenannter Feinmüll (wie Kehricht oder Asche).
Kommunen sollen Mülltrennung verbessern
Bettina Rechenberg, die als Fachbereichsleiterin beim Umweltbundesamt für das Thema Kreislaufwirtschaft zuständig ist, sieht Aufklärungsbedarf. In den Kommunen müsse eine bürgernahe Abfallberatung angeboten werden. Zwar hätten viele Städte und Kreise schon einiges unternommen. Als Beispiel nennt sie kommunale Unternehmen, die sich an Schulen wenden und dort Infotage initiieren. Doch vieles laufe getrennt nebeneinander her. „Wir wünschen uns eine bessere Vernetzung der Kommunen“, sagt Rechenberg.
Kritik an den Kommunen äußert auch Staatssekretär Flasbarth. Besonders wurmt ihn, dass die Vorgabe, Bioabfälle getrennt zu sammeln, ungenügend umgesetzt werde. „Das ist eine Verpflichtung der Kommunen, und der kommen sie nicht ausreichend nach“, meint er. Die Verantwortung liege nicht allein bei den Verbraucher*innen, denn die Mülltrennung müsse ihnen auch ermöglicht werden. Das sei nicht ausreichend der Fall. Dass etwa ein Haushalt seine Eierschalen zum Wertstoffhof fährt, sei einfach unwahrscheinlich. Deshalb müsse die Abfallentsorgung besser organisiert werden.
Der Gesetzgeber will handeln
Das Umweltministerium sei hierzu in Gesprächen mit dem Verband kommunaler Unternehmen (VKU), sagt Flasbarth. Wenn von dort nichts komme, müsse der Gesetzgeber überlegen, wie er die Situation verbessert. Außerdem plane das Umweltministerium, die Regeln für die Rückgabe von Elektrogeräten im Handel zu überarbeiten, sodass auch größere Geräte als bisher dort abgegeben werden können.
Für die Auswertung wurde der Restmüll von 14 öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern analysiert. Der untersuchte Abfall entspricht ungefähr dem Inhalt von 2.800 Mülltonnen. Um ein ausgewogenes Bild zu gewinnen, wurden verschiedene Jahreszeiten, Siedlungsstrukturen und Gebührensysteme berücksichtigt. Auffällig ist: In städtischen Regionen enthielten die Tonnen pro Einwohner deutlich mehr Restmüll als in ländlichen Gebieten und Vororten. Insbesondere Bioabfälle landen in der Stadt vermehrt im Restmüll. Eine mögliche Erklärung: Auf dem Land pflegen viele Bürger*innen einen eigenen Komposthaufen.
Die kommunalen Unternehmen deuten die vorgelegten Zahlen als Bestätigung für ihr Engagement. In einem Statement des VKU heißt es: „Dass sich die Restmüllmengen in Deutschland seit 1985 fast halbiert haben, ist eine echte Erfolgsgeschichte. Möglich wurde das vor allem durch das Engagement der kommunalen Abfallwirtschaft, die die Getrenntsammlung seit Jahrzehnten ausbaut und bei den Bürgerinnen und Bürgern beständig für Abfalltrennung wirbt.” Potenzial gebe es unter anderem noch bei der Bioabfallsammlung, „trotz intensiver Öffentlichkeitsarbeit der Kommunen wie etwa der Kampagne Wir für Bio.”
Der Text erschien zuerst auf demo-online.de.
July 29, 2020 at 03:21PM
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Warum immer noch viel Müll in der falschen Tonne landet - vorwärts.de
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