445 Kilogramm Müll produziert jeder Deutsche pro Jahr. Vieles davon kann sinnvoll wiederverwertet werden. Wie kann man mit Müll Geld verdienen und trotzdem die Umwelt schonen kann.
Es ist eine gigantische Menge: Jeder Deutsche produziert rund 445 Kilogramm Haushaltsmüll pro Jahr. Gleichzeitig genießt man hierzulande den Ruf als Recyclingweltmeister. Wird aber der Müll einfach verbrannt und als „thermisch verwertet“ deklariert, nutzt das keinem. Die Ressourcen verpuffen dann einfach in der Luft. Doch es gibt auch andere Ansätze. Beispiele aus der Region zeigen, wie Abfälle umweltverträglich verwertet werden können – und man damit sogar Geld verdient.
Wasserburger sammeln Biomüll extra
Nein, so wahnsinnig hübsch sind sie nicht: Seit 2018 stehen in Wasserburg schwarz-braune Tonnen. Im Sommer schwirren Fliegen darum herum, und wenn man den Deckel aufmacht, hält man sich besser die Nase zu. In den Biomülltonnen sammeln die Wasserburger ihre Speisereste und Gartenabfälle. Was früher im Restmüll landete, sofern man über keinen Kompost verfügte, wird nun getrennt erfasst. Das reduziert die Restmüllmenge, die ohne Mehrwert beseitigt werden muss – ein Plus für die Umwelt. Das verringert auch die Kosten für die Abfallentsorgung für die Bürger, da die Biotonne kostenlos ist, der Restmüll aber nach Gewicht zu bezahlen ist. Und nicht zuletzt kann man mit dem Biomüll noch allerhand Sinnvolles anstellen.
Im Jahr 2019 kamen in Wasserburg 971 Tonnen Biomüll zusammen. 2020 könnte die Menge erstmals über 1000 Tonnen liegen, wie Bernhard Schachner vom Amt für Abfallwirtschaft vermutet. Wer gerne gartelt, wüsste schon etwas mit dem organischen Material anzufangen. Denn kompostiert ergibt sich daraus beste Blumenerde. In Wasserburg allerdings wird ein „Komposthaufen“ in einem ganz anderen Maßstab und mit einem raffinierten Nebeneffekt betrieben.
Strom aus Abfall
„Der Bioabfall wird mittels Radlader in unserer Trockenfermentierungsanlage eingefüllt und durch Animpfung mit einer Bakterienlösung und Abschluss von Sauerstoff zu Erzeugung von Biogas angeregt“, erklärt Michael Maier, Geschäftsführer des Rosenheimer Erdenwerks in Perfall und Aham bei Eiselfing. Er und sein Team verwerten den Bioabfall gleich zweifach: Das Biogas, das bei dem Prozess entsteht, wird in einem Blockheizkraftwerk zu Strom und Wärme umgewandelt, die wiederum im Betrieb Verwendung finden. „Der nicht genutzte Strom wird ins Stromnetz eingespeist“, so Maier.
Moral hält sich in Grenzen
Pro Tonne Biomüll würden rund 192 Kilowattstunden Strom und 135 Kilowattstunden Wärme erzeugt. Im Vergleich zu Braunkohlestrom könnten auf diese Weise bis zu 200 000 Kilogramm CO2 eingespart werden. Das organische Restmaterial wird kompostiert, zu Blumenerde vermischt und vermarktet. Aus dem Wasserburger Biomüll werden pro Jahr rund 450 Kubikmetern Kompost gewonnen.
Völlig positiv fällt Meiers Fazit dennoch nicht aus. Denn seiner Erfahrung nach hält die sich Moral der Bürger beim Biomüll-Sammeln in Grenzen. Störstoffe wie Plastik, Glas oder Steine müssen aufwendig per Hand entfernt werden. Unterwww.wasserburg.de/abfalltonnen gibt es eine Broschüre mit genauen Angaben, was in Biotonne darf.
Doch was passiert mit dem Müll, der wirklich gar keinen Zweck mehr zu haben scheint? Aus dem holt man im Rohrdorfer Zementwerk noch das Letzte heraus. „Wir verwenden aus der nicht mehr recycelbaren Fraktion den heizwertreichen Anteil“, erklärt Anton Bartinger, der Technische Leiter der Sparte Zement beim Südbayerischen Portland-Zementwerk in Rohrdorf. Das bedeutet: Alles, was absolut nicht mehr anders aufbereitet werden kann, wird dort verbrannt. Kunststoffreste, Dachpappe, Altreifenschnitzel oder Klärschlamm aus der kommunalen Wasseraufbereitung von Aufbereitungsanlagen aus der Region kommen zum Einsatz.
Müll statt fossiler Brennstoffe
Warum kann man diesen Müll bei Rohrdorfer brauchen? Der Hauptbestandteil der Zementherstellung ist die Erzeugung von Klinker. Dieser muss bei 1450 Grad gebrannt werden. „Früher wurden bei diesem Prozess Steinkohle, Braunkohle, Schweröl – also fossile Brennstoffe – eingesetzt“, so Bartinger. Seit den 70er Jahren habe man aber angefangen, diese durch alternative Brennstoffe zu ersetzen. Damit spart man nicht nur fossile Ressourcen, sondern sorgt dank der Anlieferung der Abfälle aus der Region auch für kurze Transportwege. Und die Abfälle fallen sowieso an.
Finanziell lohnenswert
Rund zehn Prozent CO2 werden durch den Einsatz der Abfallstoffe eingespart. Auch finanziell rechnet es sich. „Ausschlaggebend für die Wirtschaftlichkeit ist der Preisunterschied zwischen fossilen Brennstoffen und den Brennstoffen der Aufbereitung“, sagt Bartinger.
Der Stromverbrauch sei allerdings etwas gestiegen. Um die Schadstoffemissionen gering zu halten, hat man 2006 einen Schlauchfilter zur Entstaubung, 2011 den weltweit ersten Reingas-Katalysator zur Redaktion von Stickoxiden und Co. errichtet. Insgesamt, so Bartinger, emittiere man weniger Schadstoffe als beim Einsatz von Kohle und Öl. Der Betrieb dieser Anlagen lasse den Stromverbrauch aber um etwa zehn Prozent ansteigen. Dennoch fällt sein Fazit positiv aus: „Der Einsatz von alternativen Brennstoffen hat uns durch den Ersatz von Kohle und Öl einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft, reduziert den Ausstoß von Treibhausgas und schont die Umwelt.“
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July 14, 2020 at 04:30AM
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