Obst-, Gemüse- und andere Lebensmittelabfälle will der Landkreis Rotenburg nicht getrennt einsammeln. (Christian Charisius)
Landkreis Rotenburg. Aus Bio-Müll wird Bio-Methan, das ins Gasnetz eingespeist oder später auch für die Erzeugung von grünem Wasserstoff genutzt werden kann. Das ist die Idee hinter einem 19-Millionen-Euro-Projekt, das die Landkreise Osterholz, Verden und Cuxhaven sowie die kreisfreie Stadt Cuxhaven in drei Jahren gemeinsam in Betrieb nehmen wollen. Die vier Kommunen planen eine Verwertungsanlage für ihren Bio-Müll, sie soll von der Kommunalen Entsorgungsanstalt Nord-Niedersachsen (Kenn) im Gewerbepark A 27 betrieben werden, das Grundstück ist bereits reserviert.
Das ist ein guter Plan, findet die SPD-Fraktion im Rotenburger Kreistag. Und sie fragt sich, warum der Landkreis Rotenburg sich nicht an dem Projekt beteiligt. Denn die Lagerung von Bioabfall werde in den kommenden Jahren auch im Landkreis Rotenburg immer schwieriger werden, so Fraktionschef Bernd Wölbern. Gerade private Haushalte hätten kaum noch die Möglichkeit, Bioabfall zu lagern, zu kompostieren oder fachgerecht zu entsorgen. Aus diesem Grund werde der Landkreis nicht umhinkommen, so Wölbern, mittelfristig die braune Tonne für Bioabfall kreisweit einzuführen. „Spätestens dann muss die Frage beantwortet werden: Wohin kann dieser Abfall geliefert werden?“
Beim Landkreis Rotenburg hält man indes nicht viel von der Einführung der Bio-Tonne. Das Thema sei seit 2013 ausführlich in den Kreistagsgremien diskutiert worden, so Kreis-Sprecherin Christine Huchzermeier auf Anfrage der Redaktion. Ein 2016 dazu in Auftrag gegebenes Gutachten sei zu dem Ergebnis gekommen, dass „in wirtschaftlicher Sicht die getrennte Bioabfallerfassung mit beträchtlichen Mehrkosten verbunden" sei, denen keine oder nur in bestimmten Konstellationen geringe ökologische Vorteile gegenüber stünden.
Vergärungsanlage reicht aus
Das vom Kreistag im Dezember 2017 mit großer Mehrheit beschlossene Abfallwirtschaftskonzept 2018 - 2022 des Landkreises Rotenburg sehe deshalb nicht vor, eine Bio-Tonne einzuführen. Haushaltsbioabfälle könnten an 16 von 17 Grünschnittannahmestellen im Landkreis – einzige Ausnahme sei Ahausen – im Landkreis kostenfrei abgegeben werden. Sie werden zur Biogasanlage Rhadereistedt gebracht und dort vergärt.
Dass die Nachbarlandkreise eine Verwertungsanlage für ihren Bio-Müll planen, sei dem Landkreis Rotenburg bekannt gewesen. Es habe in einem frühen Stadium ein Sondierungsgespräch zur gemeinsamen Verwertung von Haushaltsbioabfällen mit dem Landkreis Osterholz sowie der Abfall-Service Osterholz GmbH gegeben, so Huchzermeier. Da Rotenburg zurzeit aber nicht plane, eine Bio-Tonne einzuführen, habe es keine Folgegespräche gegeben. Daher seien auch keine weiteren Untersuchungen zu einer kreisüberschreitenden Verwertung erfolgt. Für die Mengen Haushaltsbioabfälle, die auf den 16 Grünschnittannahmestellen im Landkreis abgegeben werden, reiche die Vergärungsanlage in Rhadereistedt aus. Es gebe aktuell keine Überlegungen, selber mit anderen Partnern eine Kommunale Entsorgungsanstalt zu gründen.
Die geplante Vergärungsanlage der Kommunalen Entsorgungsanstalt Nord-Niedersachsen (Kenn) wird aller Voraussicht nach Bio-Erdgas in einer Menge erzeugen, die dem Jahresbedarf von rund 350 Einfamilienhäusern entspricht. Umgerechnet auf fossiles Erdgas bedeutet das eine jährliche CO2-Ersparnis von 2000 bis 3000 Tonnen. Den Projektpartnern sei wichtig, die Energiegewinnung auch gleich zukunftsfest zu machen, hieß es bei der Vertragsunterzeichnung zur Gründung des Unternehmens. Allgemein gelte die offene Kompostierung als Auslaufmodell, denn dabei werden Lachgas und Methan frei.
Das gemeinsame Projekt zeige, dass die interkommunale Zusammenarbeit tatsächlich funktioniere. Sie bringe einen Fortschritt für den Bürger und für kommende Generationen. Die optionale Ausbaustufe Wasserstoff würde tatsächlich ein Leuchtturmprojekt zwischen Elbe und Weser daraus machen, so der Osterholzer Landrat Bernd Lütjen. Eine öffentliche Wasserstoff-Tankstelle sei erklärtermaßen auch Teil des Plans.
Während die Osterholzer die braune Tonne schon 2010 eingeführt haben, folgt Cuxhaven 2021 nach. Erst gemeinsam bringen die vier gleichberechtigten Anteilseigner genügend Bio-Abfall auf die Waage, sodass die Sache technisch und wirtschaftlich sinnvoll erscheine, hieß es. Wegen fehlender Kapazitäten in der Nähe sowie wegen absehbar steigender Behandlungskosten, so Lütjen, habe der Landkreis Osterholz vor der Frage gestanden, die Entsorgungspartner wie bisher in europaweiter Ausschreibung in der freien Wirtschaft zu suchen oder aber durch Überzeugungsarbeit bei den Kommunen in der Nachbarschaft.
Mit der Kompostierung der Gärreste (jährlich rund 26 000 Tonnen) wird die Kenn ihrerseits eine noch zu gründende Nachrotte GmbH beauftragen, an der sie und der Landkreis Osterholz sich zu gleichen Teilen beteiligen. Diese Nachrotte GmbH soll die seit zehn Jahren leer stehende Halle der Aso in Pennigbüttel pachten und betreiben und dort jährlich etwa 6700 Tonnen Kompost für den Ökolandbau herstellen.
September 02, 2020
https://ift.tt/358fgUX
Keine Kooperation beim Bio-Müll - WESER-KURIER
https://ift.tt/31JeLik
Müll
Bagikan Berita Ini
0 Response to "Keine Kooperation beim Bio-Müll - WESER-KURIER"
Post a Comment